Einfamilienhaus S.

Ein schlichter Würfel mit leicht geneigtem Zeltdach, gleichmäßig über die Fassaden verteilten Fensteröffnungen und einer steilen Treppe, die vom Straßenniveau hinunter zum in einem seitlichen Anbau gelegenen Eingang führt. Ein Wohnhaus aus der Nachkriegszeit fand Architekt Peter Fleiß vor, ehe es an die Adaptierung desselben für die Anforderungen einer Familie mit Kindern ging.

Der Umbau war umfassend, denn die ausgezeichnete Lage an einer Hangkante und ein schöner Garten waren die einzigen Vorzüge, die der Bestand zu bieten hatte. Neben der Schaffung eines großzügigeren Bezugs zur Umgebung und gut nutzbarem Außenraum galt das Augenmerk auch der gestalterischen Bewältigung der großen Baumasse, die sich hangseits drei und zur Straße hin zwei Geschosse über Niveau erhebt.

Das Haus erhielt deshalb an der Hangseite einen mit Sichtbetonsteinen verkleideten, breiten Sockel, der dem Bestand und den neuen seitlichen Zubauten eine robuste Basis bietet. Eine neue vorgelagerte Terrasse leitet ins Freie und bindet das Haus besser an den um einige Meter tiefer liegenden Garten an. Das Innere wurde entkernt, um größere Wohnräume zu erlangen, der Eingang so gestaltet, dass er barrierefrei zugänglich ist und zusätzlicher Platzbedarf wurde mit seitlichen Zubauten in einer Holz-Stahl-Mischkonstruktion geschaffen.

Sie sind im Gegensatz zum weiß verputzen Bestand mit Lärchenschindeln verkleidet und verschwimmen deshalb mit dem baumreichen Umfeld. Nur der neue Stiegenhausturm im Osten, der ganz aus Glasbausteinen besteht, steigt als markanter Bauteil aus dem grauen Sockel auf. Mit einer Lichtkuppel im Dach ausgestattet dient er als Tageslichtfänger, der im Eingansbereich und in den angrenzenden Räumen für ausgezeichnete Helligkeit sorgt.

Die vorhandenen Fenster an Nord- und Südseite wurden im obersten Geschoss zu einem Fensterband zusammengefasst und darunter zu Fenstertüren vergrößert. Einst eher teilnahmslos in einer schönen Gegend verharrend, kommuniziert das Haus nun mit seinem Umfeld.

  • Text: Franziska Leeb, Zeitungsbericht „Der Standard“ vom 25.05.2002
  • Ausführungszeitraum: 2001

Ein Dialog zwischen Leicht und massiv
Im Bereich des privaten Wohnens entwickelt sich Richtungsweisendes zunehmend im konsequenten Umbau von Bestehendem. Peter Fleiß transformierte dieses in Massivbauweise errichtete Haus in Gablitz mit seinem typischen, hohen Walmdach und erzeugte so stimmig neue Raumqualitäten. Aus einem introvertierten und ganz in sich verschlossenen Einfamilienhaus wurde durch den Um- und Zubau ein sich extrovertiert gebender Bau. Die räumliche Aufwertung bedeutet auch einen ästhetischen Zugewinn im tagtäglichen Gebrauch. Die Transformation setzte konzeptuell auf eine innigliche Durchdringung des Bestehenden durch das erweiternde und öffnende Implantat. Diese Herangehensweise eines eindringlichen Dialogs zwischen alt und neu, zwischen massiv und leicht, ist ablesbar an der materiellen Durchdringung des Massivbaus durch den neuen Holzbau sowie die großzügigen Glasöffnungen. Der Zubau macht also auf sich aufmerksam, jedoch weder aufdringlich noch laut. Aus dem wenig bemerkenswerten Bestand entwickelte sich damit ein zwar dezent bleibender, aber dennoch vergleichsweise weltgewandter Auftritt. Der leichte Holzbau führt zu jenen Wohnqualitäten der Blickorientierung in die Umgebung und der Lichterfülltheit, die der Massivbau völlig vermissen ließ. Das Haus wurde 2003 mit dem Anerkennungspreis des Niederösterreichischen Holzbaupreises ausgezeichnet.

  • Text: Elke Krasny, „Architekturlandschaft Niederösterreich – Industrieviertel“, Verlag Anton Pustet 2009