W. Berg Museum 01

Werner Berg (1904-81) stammte aus dem Ruhrgebiet, lebte fünf Jahrzehnte am Rutarhof bei Gallizien, schuf mit Zyklen expressiver Ölbilder und Holzschnitten eine einzigartige künstlerische Dokumentation der Landschaft und ihrer BewohnerInnen. Dem Einsatz des Bleiburger Lebzelters und Kunstliebhabers Gottfried Stöckl ist zu verdanken, dass die Stadt diese Galerie etablierte – zur Präsentation des Nachlasses von Werner Berg, ergänzt mit Wechselausstellungen aktueller Kunst.

1997 wurde der Altbau adaptiert, zuletzt im Hof ein Trakt für Wechselausstellungen angefügt. Im Altbau sind vom Keller bis zum First alle Räume zu durchwandern, die Exponate gut auf die wechselnden Licht- und Raumqualitäten abgestimmt. Der Hoftrakt hat über Shed-Dächer feines Nordlicht, über Glas-Schlitze ( mit Alupaneele abschließbar) in den mit Dolomit von der Petzen gefertigten Betonwänden auch Streiflicht. Vom Portal bis zur Stadtmauer – ein sehenswertes Ensemble.

  • Text: Otto Kapfinger, „Neue Architektur in Kärnten“, Verlag Anton Pustet

Tradition künstlerischer Authentizität

Vorgeschichte: Werner Berg war in vielfacher Hinsicht Pionier. In der österreichischen Kunstszene war er der erste, der – von Ideen der Lebensreform getragen – aus zivilisationskritischen Motiven ein selbst bestimmtes Eremitenleben in einer als ursprünglich und unkorrumpiert empfundenen Lebenswelt suchte. Land und Leute Unterkärntens schienen ihm geeignet, die permanente Suche der modernen Kunst nach vorindustrieller Authentizität mit einem endlosen Schatz an visuellen Fundstücken zu befriedigen – eine durchaus intellektuelle Konstruktion, die das Gegenteil von Verklärung oder gar Folklore ist. Das war in den 1930er Jahren und die nachfolgende NS-Zeit war keine günstige Periode für derlei Lebensexperimente, da die ländliche Ursprünglichkeit damals für völlig andere Zwecke nachhaltig missbraucht wurde. Es brauchte lange, bis dieses mutige Experiment wieder verstanden werden konnte und es ist vielleicht kein Zufall, dass gerade die Avantgarde der 1960er Jahre wieder ähnliche Ansätze verfolgte. Zivilisationshype und Aussteigertum lagen damals eng nebeneinander und nicht wenige Künstler begeisterten sich zunächst für neue Techniken und Materialien, bevor sie dieser Welt den Rücken kehrten und eine von Grund auf neue, selbst bestimmte Lebenskonstruktion – wieder meist in abgeschiedenen ländlichen Gebieten – wagten.

Die Motivation dafür lag – beispielsweise im Falle von Walter Pichler – auch im Unvermögen traditioneller Kunstinstitutionen, der weit über traditionelle Werkbegriffe hinausgehenden Arbeit dieser notorischen Grenzerweiterer, zu denen auch Hermann Nitsch und Cornelius Kolig zählen, einen adäquaten Produktions- und Präsentationsrahmen zu bieten. Auch aufgrund dieses Defizits der Museen wuchs so nach und nach das Interesse an Künstlermuseen, die in Frankreich mit zahlreichen Beispielen vom Musée Rodin über das Musée Moreau bis zum Atelier Brancusi schon seit Jahrzehnten etabliert sind und vom Publikum begeistert angenommen werden. Ein Hauptgrund dafür ist zweifellos das Authentizitätserlebnis, das man beispielsweise im Atelier von Cézanne in Aix-en-Provence sehr intensiv erfahren kann. Authentizität ist schließlich jene Qualität, die in der industriellen und postindustriellen Konsumgesellschaft zunehmend zum raren Gut wird. Und auch auf diesem Gebiet war Werner Berg Pionier. Seine eigene Idee, eine Auswahl seiner Werke auf Dauer in einem eigenen Museum in jener Region zu präsentieren, in der sie entstanden waren, führte in den 1970er Jahren zur Gründung der Werner-Berg-Galerie in Bleiburg, die in einem der schönen Altstadthäuser am Hauptplatz untergebracht wurde.

Jahrzehnte vor dem derzeitigen Gründungsboom an Künstlermuseen (Nitsch-Museum in Mistelbach, Frohner-Museum in Krems-Stein, Gironcoli-Museum in Herberstein) hatte Werner Berg damit sein geradezu missionarisches Ziel erreicht: moderne Kunst ist am Land nicht nur als individuelles Lebensexperiment möglich, sondern auch als öffentliche Institution, die weit reichende Impulse setzen kann – sowohl in der Kunstszene selbst als auch in der Entwicklung eines regionalen kulturellen Bewusstseins und letztlich sogar im Tourismus. Solche Projekte sind jedoch nur mithilfe strategischer Allianzen realisierbar, und im Falle der Werner-Berg-Galerie war es die Freundschaft mit dem ortsansässigen Unternehmer Gottfried Stöckl und die Unterstützung der Landesregierung, die das Projekt nach und nach wachsen ließ.

Das neue Haus: Die Kärntner Landesregierung war es schließlich auch, die sowohl die Sanierung des alten Hauses als auch den Zubau einer hochwertigen Ausstellungshalle finanzierte – eine durchaus weitsichtige Entscheidung. 2001 begann Architekt Peter Fleiß, der nach seinem Studium an der TU Wien bei so bedeutenden Architekten wie Roland Rainer, Manfred Wehdorn und Boris Podrecca gearbeitet hatte, mit der Planung dieser intelligenten und in ihrer Sprache äußerst knappen und stimmigen Anlage.

2002 und 2003 wurde sie errichtet und ich durfte im Jahr 2004 dort an ihrer ersten Erprobung unter musealen Anforderungen mitwirken: Der Bleiburger Standort der Landesausstellung „Eremiten-Kosmopoliten“, welche die moderne Malerei Kärntens zum Thema hatte und in Bleiburg das beeindruckende internationale Netzwerk an Künstlerfreundschaften von Werner Berg präsentierte, wurde in der Werner-Berg-Galerie mit ihrem neuen Ausstellungsraum eröffnet. Für den Ausstellungskurator erwies sie sich sofort als handliches, präzise funktionierendes Instrument, das sowohl die nötigen „Hängelaufmeter“ als auch angenehme Akzentuierungen durch die vertikalen Lichtschlitze bot, die ausgewählte Blickbeziehungen mit dem Innenhof der Anlage ermöglichen. Und aus städtebaulich-architektonischer Sicht zeigte sich rasch die Richtigkeit der Konzeption als längliche Shedhalle, die rückseitig an das Altstadthaus gefügt wurde. Der hier vorhandene Bauplatz lag als Hausgarten zwischen dem Wohnhaus und der alten Stadtmauer, welche die Rückseiten der Häuserreihe gegen das offene Feld hin abschließt. Genau diese Situation mit den auch in ihrer Natursteintextur stark wirksamen Elementen der Mauer, der wuchtigen Häuser, der zarten Hausgärten mit ihren kleinen Werkstätten (ein paar Häuser weiter liegt das Ensemble, in dem die Künstlerin Kiki Kogelnik aufwuchs) bot dem Architekten reichlich Motive, die er in seinen Entwürfen transformieren konnte. Es spricht sehr für seine planerische Ausgewogenheit, den Zubau nicht mit Metaphern und Zitaten überfrachtet zu haben, sondern diese streng zu redigieren und abstrahieren. So wurde nicht einfach der lokale Stein verwendet, sondern eine sinnvolle Verbindung von traditionellem Umgang mit diesem Material und zeitgenössischer Technik: Die Außenwände bestehen aus Betonfertigteilen, deren Oberfläche mit Dolomitschotter belegt wurde. So und ähnlich ging Fleiß auch in den übrigen Bereichen des Baus vor. Innen gibt es im Übergangsbereich zum alten Haus, der taillenartig eingeschnürt ist, viel Holz und große Glaswände, und am Dach, das mit seinen blechernen Sheds die Werkstättenatmosphäre der alten Hinterhöfe sehr stimmig reflektiert, bedient sich Peter Fleiß einer sehr lapidaren Ästhetik, die nirgendwo mehr will als in diesem Kontext angemessen ist. Eine perfekte Hülle zwischen der Kunst im Inneren und dem Baugeflecht der Bleiburger Altstadt-Rückseite rundherum.

Auch in technischer Hinsicht ist das Haus bemerkenswert – in den Außenwänden gibt es eine Niedertemperaturheizung und auch das innere Beleuchtungskonzept ist einfach und effizient. Kein Wunder, dass diese Bemühungen auch anerkannt werden. Als ältestes und eines der schönsten Künstlermuseen Österreichs war ihm ja von Anfang an einige Aufmerksamkeit sicher. Dennoch beeindruckt die Einhelligkeit der überaus positiven Rezeption in Medien aller Art und auch in der Fachwelt, die dem Projekt einen verdienten Anerkennungspreis des Kärntner Landesbaupreises 2005 eintrug. Er wurde von einer prominent besetzten Jury vergeben, der unter anderen auch der Schweizer Stararchitekt Daniele Marques und der renommierte Wiener Architekturkritiker Otto Kapfinger angehörten. Kapfinger fasste in seinem Architekturführer über „Neue Architektur in Kärnten“ (Pustet-Verlag, Salzburg) die Meriten des Hauses treffend zusammen: „Vom Portal bis zur Stadtmauer – ein sehenswertes Ensemble“.

Die Wiener Tageszeitung „Der Standard“ lobte „Gesten, die gleichermaßen präzise wie lakonisch sind“, während der Zubau in einer Ausstellung des Architekturforums Oberösterreich über neue Museumsbauten als Musterbeispiel einer überaus gelungenen regionalen Kunstinitiative gewürdigt wurde: „Er macht die zu einem kleinen Museumskomplex gewachsene Anlage auch zu einem Exponat der Baukunst, wobei er sich allerdings gezielt der Versuchung entzieht, selbst in den Vordergrund zu treten.“ Die Tradition von künstlerischer Authentizität, die einst Werner Berg an diesen Ort gebracht hatte, setzt sich so bis zu ihrer jüngsten baulichen Manifestation ungebrochen qualitätsvoll fort.

  • Text: Matthias Boeckl

Revitalisierung Werner Berg Galerie Bleiburg, 1995 – 1996

In der samt Umland 6000 Einwohner zählenden Stadt Bleiburg, in der Südostecke Kärntens gelegen, besteht – vom österreichischen Kunstpublikum in gewiss unzureichendem Maß zur Kenntnis genommen – ein Museum mit einem Querschnitt der Kunst des Wahlkärntners Werner Berg. Die Stadt mit durchaus speziellen Rahmenbedingungen – die Zentralräume sind in „sicherer“ Entfernung, die Grenze zu Slowenien dagegen ist unmittelbar nahe – hat noch zu Lebzeiten des Künstlers, Anfang der siebziger Jahre mit diesem gemeinsam in einem schlichten, ehrwürdigen Gebäude im Ensemble des Hauptplatzes, einem sogenannten „Ackerbürgerhaus“, diese Galerie eingerichtet.

„Hier kommen zwei zusammen, diese Räume und meine Bilder“, kommentierte der Künstler. Es sind jedoch nicht im eigentlichen Sinn bedeutende Räume, weder Prunk noch historische Bedeutung sind hier gegeben. Es ist vielmehr das Schlichte und Kraftvolle dieses Gebäudes, das Werner Berg zu seiner Aussage veranlasste. Damit in gewissen Sinn vergleichbar, kann auch in der Kunst Werner Bergs als Gegenstand das Wesentliche der einfachen, alltäglichen Begebenheit, das gewissermaßen Existentielle angesehen werden. Die Bilder Werner Bergs, die nachdrücklich das Wesen der Unterkärntner Bevölkerung und Landschaft vermitteln, ohne zu schildern, fanden in diesem Haus einen adäquaten „Rahmen“.

Die Anforderungen an Museumseinrichtungen entwickeln sich jedoch weiter und traten vermehrt in krassen Widerspruch zu den baulichen Gegebenheiten des bewusst weitgehend ursprünglich belassenen Gebäudes. Bisweilen wurde in strengen Wintern (die Galerie ist nur sommers geöffnet) sogar das Anfrieren einzelner Bilder an der Wand beobachtet. Nicht zuletzt ist auch an die Stelle des selbstverständlichen Umgangs des Künstlers mit seinen Bildern deren zunehmende historische und kunsthistorische Bedeutung getreten. Eine Adaptierung des Gebäudes wurde unumgänglich und im Jahr 1995 begonnen.

Der Architekt Peter Fleiß begegnete dem Gebäude mit ausgeprägtem Feingefühl. Architektur ist hier tatsächlich dienend der Sache untergeordnet. Der Wille zur Gestaltung findet dennoch in liebevollen Details seinen Niederschlag; alt und neu treten in eine Wechselbeziehung und intensivieren einander in ihrer Wirkung. In technischer Hinsicht wurden innovatorische Wege eingeschlagen: Als Heizungssystem des Gebäudes wurde eine ganzjährig betriebene, im Sockelbereich der Außenwände verlegte Niedertemperaturheizung eingebaut. Ein hohes Temperaturniveau im Wandbereich sorgt für trockene Wände und für im Ganzen hervorragende Bedingungen für die Konservierung der Kunstwerke.

Peter Fleiß hat auch vor dem Galerieumbau durchaus Akzente in Bleiburg gesetzt; bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang der Umbau des Freibades aus den 20er Jahren (Kärntner Landesbaupreis) und seine planende Mitwirkung am Freyungsbrunnen der Stadt. Der Entwurf des Brunnens stammt von einer Bleiburgerin, deren Anerkennung in Österreich und international feststand, lange bevor sie in Kärnten überhaupt wahrgenommen wurde: Kiki Kogelnik. Der Freyungsbrunnen ist eines ihrer letzten großen Werke und auch eine Art Vermächtnis an ihre Heimatstadt. Der Brunnen befindet sich unmittelbar vor ihrem Elternhaus, das zugleich eine ihrer Wirkungsstätten in ihren letzten Jahren war, ebenso vor dem Haus, das die Werner Berg Galerie beherbergt. Eine schiere Zufälligkeit begründet so nächste Nachbarschaft von Kunstereignissen besonderen Gehalts. Eine Stätte musealen Charakters ist auch im Kogelnikhaus in Planung, was schließlich für eine Provinzstadt dieses Zuschnitts eine eindrucksvolle Dichte an Kunstpräsenz darstellen könnte. Die Neueröffnung der Werner Berg Galerie im Juni 1997 bietet Gelegenheit zu einem „Lokalaugenschein“.

In der Galerie beherbergen Erdgeschoss und Obergeschoss (nun in neuer Hängung) die Schaffensphase bis 1972. Im freien Dachraum, der im Zuge des Umbaus adaptiert wurde, findet der Rundgang Höhepunkt und Ende – im Spätwerk Werner Bergs. Im Zuge des Umbaus wurde die Ausstellung um das letzte Schaffensjahrzehnt erweitert und damit die Anzahl der Exponate verdoppelt. Die Sammlung stellt nunmehr eine repräsentative Werkschau dar.

Wer hier die Zeit findet – und dieser Ort hat Zeit –, sich einzulassen auf diese Bilder und an selbstgewählten einzelnen Werken die Bildwirkung und Bedeutung zu ergründen, dem wird sich eine Welt erschließen, die dem Nichtkärntner anfänglich eigenartig fremd erscheint, die jedoch von weitreichender Aussagekraft in künstlerischer Hinsicht ist.

  • Text: Barbara Biller, Zeitschriftbericht „Parnass“, Heft 2/97, „Kunstbetrieb im Grenzland“
  • Fotos: AMOS Fotografie, Archiv Fleiß

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